Jan Werner ist in Deutschland geboren. Ende der 90er wanderte er nach Lienz in Osttirol aus um dort den Beruf des Zimmermanns zu erlernen. Danach zog es ihn in die Steiermark, an die Technische Universität Graz, wo er sein Architekturstudium in kürzester Zeit durchlief um im Anschluss ein Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften anzuhängen. 2016 kulminierte dieses in der Dissertation „Dauerhaft flexible Raumkonfiguration als Bewertungsinstrument für die Nachhaltigkeit von Bauwerken.“ Seit 2011 ist Jan Werner fixes Mitglied des Lehrapparates der FH Joanneum in Graz und seit drei Jahren ebenda Dozent. Er unterrichtet in den Studiengängen Architektur sowie Bauplanung und Bauwirtschaft. Ein Mann, den man ohne weiteres als Tausendsassa und progressiven Querdenker bezeichnen darf. Ausgehend von seiner Lehr- und Forschungstätigkeit gibt uns der Architekt Einblicke in Aspekte seiner persönlichen Entwurfsprozesse. Anknüpfend an Gespräche zu dem in den PREFARENZEN 2019 inkludierten Einfamilienhaus in Dölsach bei Lienz, unterhielten wir uns zudem über Prinzipien der Nachhaltigkeit und Ökologie.
Nachhaltigkeit schon im Entwurfsprozess
Diese haben für Werner schon in der Konzeptionsphase und bei der Materialwahl eine besondere Bedeutung. „Für mich ist es eine Grundvoraussetzung für jedes Planungsvorhaben Nachhaltigkeit in den Entwurfsprozess einfließen zu lassen“, sagt er. Es sei für ihn schon immanent in seinem Denken verankert und deshalb selbstverständlich. Beim besagten Einfamilienhaus schlug sich dies mit einem eigenen Energiekonzept nieder. Südseitige Ausrichtung, Einkleidung mit PREFA FX.12 Dach- und Fassadenpaneelen in Hellgrau, damit die von den Besitzern ausdrücklich gewünschte PV-Anlage das Sonnenlicht optimal einfangen kann. Zudem „versteckter“ Verbau der Wärmepumpe bei der Garage. Ins Detail gehend sagt Werner: „Allgemein betrachtet ist die Bauwerkshülle in unseren Gefilden einer relativ heterogenen Umgebung ausgesetzt. Sie muss dafür sorgen, dass es im Innenbereich über den Jahresverlauf hinweg ein möglichst gleichbleibendes Klima gibt. Anders gesagt, gewährleistet sie das Wohlbefinden für den Nutzer auf physikalischer Ebene. Der Innenausbau hingegen ist dazu da, den Nutzer in seinem alltäglichen Dasein zu unterstützen. Daraus lässt sich ableiten, dass die innere Struktur eines Gebäudes, weil sie nutzerorientiert und vom Wetter unabhängig ist, ganz andere Anforderungen besitzt als die äußere, bekleidende Struktur.“ Die Gebäudehülle ist „die Vermittlerin zwischen der konditionierten Innenkonfiguration und der Außenwelt. Zudem sollte sie von langer Dauer sein. Denn jede Sanierung und jedes Überarbeiten der Fassade oder des Daches kostet ebenfalls Energie, was sich wiederum negativ auf die Nachhaltigkeitsbilanz eines Gebäudes auswirkt.“ Für das Haus K. hat er deshalb eine vorgehängte, hinterlüftete PREFA FX.12 Fassade umgesetzt, um einerseits den mächtigen Dolomiten, die gegenüber des Hauses thronen, geometrisch Tribut zu zollen, und der Familie andererseits das ganze Jahr über ein perfektes Raumklima garantieren zu können.
Nun stellte sich die Frage, inwieweit sein beruflicher Werdegang seine Sicht auf bestimmte Charakteristika von Baustoffen und deren Verwendung im architektonischen Kontext geprägt hat. Werner antwortet, sichtlich zurückblickend, nach einer kurzen Stille: „Meine Ausbildung zum Zimmermann hat etwas hervorgerufen, was ich gar nicht so dezidiert in Worte fassen kann … denn ich kann nur sehr schwer sagen, dass sie mir dieses Denken oder jenes Wissen beschert hat. Sie hat mich aber sehr stark geprägt. Der Umgang mit Holz als einer der komplexesten und schwierigsten Baustoffe ist sicherlich etwas, was aus meinem entwerferischen und planerischen Denken nicht mehr wegzustreichen ist.“
Auf die Frage, ob die Natur und ihre Gesetzlichkeiten seinen Arbeitsprozess mitbestimmen, kontert Werner, dass der Versuch, die Natur zu kopieren, per se ein Ding der Unmöglichkeit sei: „Die Natur wird immer besser sein als wir. Sie ist eine sehr starke Inspirationsquelle für mich, weil sie es versteht, sich mit einer Selbstverständlichkeit an Orte oder Situationen anzupassen. Das ist beeindruckend. Fachlich gesehen ist es diese Fähigkeit, die wir seit Anbeginn der Baugeschichte in künstlich errichteten Gebäuden nachzuempfinden versuchen. Rein persönlich betrachtet ist sie eine große Kraftquelle. Heutzutage sind sehr viele parallele Einflüsse ständig gegenwärtig – das beginnt beim Smartphone, geht über's Internet bis hin zu den zahlreichen Kommunikationskanälen, die wir täglich bedienen. Als Architekt zu entwerfen heißt schließlich, sich auf ein Projekt voll und ganz einzulassen. Insofern ist die Natur ganz ein wesentlicher Ort, wohin man sich zurückziehen kann … um Eindrücke zu sammeln, ohne überrollt zu werden. Deshalb ist sie für mich schon immer ein Rückzugsort, den ich persönlich eher im ländlichen Bereich als in der städtischen Umgebung finde. Letztere weiß ich durchaus zu schätzen. Allerdings nur, wenn ich das Wissen habe, dass es ein temporärer Aufenthalt ist und ich an meinen Rückzugsort, in mein Zuhause zurückkehren kann.“
Die Natur wird immer besser sein als wir. Sie ist eine sehr starke Inspirationsquelle für mich, weil sie es versteht, sich mit einer Selbstverständlichkeit an Orte oder Situationen anzupassen.
weitere Infos:
- Interview & Text: Marlon T.L. Fink
- Fotos: Croce und WIR