Umspannwerk Kobarid

Grün in Grün

Kobarid, ein etwa 4500 Seelen zählendes Dorf im äußersten Westen Sloweniens. Blickt man vom hiesigen italienischen Beinhaus ins Tal hinab, erspäht man eine in die Landschaft integrierte Struktur direkt an der Soča: ein patinagrünes Umspannwerk, das seine eigene Geschichte zu schreiben scheint. Das PREFARENZEN Team hat sich mit dem leitenden Architekten Damjan Holc von IBE d. d. unterhalten, um mehr von dieser Geschichte zu erfahren.

Heimisch vor exotisch

„Was verbindet den Schauplatz von Ernest Hemingways „A Farewell to Arms", ein UNESCO Weltkulturerbe und eine Hochspannungsanlage?“, fragen wir Damjan Holc. Dass die Antwort Kobarid lautet, konnte er ahnen, auch wenn er Hemingways Romans noch nie in den Händen gehalten hat. Denn im mediterran-alpinen Dorf, eingebettet in eine sanfte Begegnung der Soča und Nadiža Täler, befindet sich das von ihm gebaute Umspannwerk „RTP Kobarid“. Er erinnert sich noch gut an das Grundstück in einem Industriegebiet direkt an der Soča, bei dem er geschickt agieren musste. „Diese Gegend ist Teil des Schutzgebietsnetzes Natura 2000, daher durften wir auf der Fläche nur reinen Soča Brechkies verwenden und keine exotischen Pflanzenarten. Wir mussten auch einen Abstand von 5 m zwischen dem Bau und den umliegenden Bäumen sowie dem Flussufer einhalten“, erzählt uns Herr Holc. Ein Faktor sei auch der sehr schmale Baugrund gewesen: Gebaut werden musste direkt neben dem alten Umspannwerk, das während der gesamten Bauzeit und auch eine Zeitlang danach bestehen blieb.

Seitenansicht des Umspannwerks samt Stirnseite und Betontrennwänden, eingezäunt und mit Bergen im Hintergrund.

Seitliche Ansicht des Umspannwerks.

Seitenansicht des Umspannwerks samt Stirnseite und Betontrennwänden, eingezäunt und mit Bergen im Hintergrund.

Seitliche Ansicht des Umspannwerks.

Um neben den Einheimischen auch den Zustrom an Touristen energetisch zu versorgen, muss das Dorf über eine entsprechende elektrische Infrastruktur verfügen, was mit dem bestehenden, veralteten Umspannwerk nicht mehr möglich war. Nach zwei Jahren Bauzeit blickte Damjan Holc zufrieden auf das Projekt zurück, er freut sich damals wie heute, dass alles so reibungslos abgelaufen ist. Er schwärmt von der Aluminiumhülle, die gefalle ihm am besten.

Detail mit leicht schräg verlaufender Fassade mit kleinem, länglichem Fenster, in dem sich Berge und elektrische Leitungen widerspiegeln. Seitenansicht auf Fassade und Glasfront mit Eingang.

Die Fassade im Detail.

Detail mit leicht schräg verlaufender Fassade mit kleinem, länglichem Fenster, in dem sich Berge und elektrische Leitungen widerspiegeln. Seitenansicht auf Fassade und Glasfront mit Eingang.

Die Fassade im Detail.

Dicht an dicht ist passé

In Betrieb ist RTP Kobarid bereits seit September 2020, das alte Umspannwerk wurde jedoch erst kürzlich abgerissen. Befreit von diesem Ballast, zeigt sich der Neubau mit zwei gegenläufigen, aneinander vorbei verlaufenden Dachflächen in direkter Beziehung zu seiner Umgebung in einem kühnen Grünton – „Patinagrün heißt die Farbe, für die ich mich nach langem Suchen entschieden hatte. Ich wollte neben einer formellen Einfügung auch eine farbliche erreichen, und PREFA hat mir das ermöglicht“, erklärt der Architekt. Mit unterschiedlich breiten Scharen rhythmisiert, ist die leicht schräg angesetzte Fassade mit knappen Überständen an den Stirnseiten mehr als schützende Hülle: Wahrgenommen wird sie, vornehmlich von der Bevölkerung und von Reisenden, als eine dynamische Abrundung, die der vorbeifließenden Soča farblich nacheifert.

Einer Nische hinterher

Die Gegend um Kobarid bietet nicht nur rohe, atemberaubende Natur und lokale Köstlichkeiten: Energy Tourism nennt sich der nischenorientierte Trend, der die Pläne rund um das Umspannwerk mitunter inspiriert hat. Denn die Region Goriška lebt und pflegt Tourismus, sucht aktiv nach neuen Modellen, um Schnittstellen zu ihrem kulturellen und landwirtschaftlichen Erbe zu schaffen. Man will die Sensibilität der Menschen für Energieproduktion und Energieverbrauch unter dem Nachhaltigkeitsaspekt schärfen! Dass dieser Ansatz Anklang findet, ist gar nicht so abwegig. Das Fala–Laško Museum widmet sich bereits der elektrischen Stromübertragung und zeigt so, dass sich Besucher der Region auch für Energieversorgung interessieren. Sollten in Kobarid Bestrebungen in diese Richtung eine konkretere Gestalt annehmen, ist es sicherlich hilfreich, wenn Architektur einen schon von weitem neugierig macht.

Weniger Mainstream, bitte

Architekt Damjan Holc kennt keine Langeweile. Als Teil des 6-köpfigen Architektenteams des Ingenieur und Consulting Büros IBE d. d. mit Sitz in Laibach erhält er Aufträge aus dem Industrie- und Energiebereich am laufenden Band, und dennoch: „Man muss erfinderisch bleiben und dem Kunden nicht einfach nur liefern, was er in Auftrag gegeben hat!“ Dazu gehöre auch, den Auftraggeber positiv zu überraschen mit Ideen, die ihn anfangs verunsicherten oder ihm nicht einmal in den Sinn gekommen sind. „Das Ziel soll immer sein, die Erwartungen zu übertreffen. Was ich heute bei jüngeren Architekten in Slowenien beobachte ist, dass sie eher am Mainstream haften bleiben, als etwas Neues zu wagen. Etwas mehr Mut, bitte!“, verlautbart der Architekt. Er tausche sich gerade mit PREFA Objektberater Mitja Brencic über künftige Projekte aus – sie müssen aber noch keimen, sagt er. Wir bleiben gespannt, die Geschichte spinnt sich also weiter ...

Umspannwerk Kobarid - Details

Land

Slowenien 

Objekt, Ort

Umspannwerk, Kobarid

Kategorie

Neubau

Architektur

IBE d. d. 

Verarbeiter

Krov storitve d.o.o.

Material

Prefalz

Farbe

Patinagrün

weitere Infos:

  • Interview: Anneliese Heinisch
  • Text: Anneliese Heinisch
  • Fotos: © Iztok Kveder